Aktuelle Gerichtsentscheidungen und Verwaltungsanweisungen 2024 im Überblick
Frankfurt am Main
27. Dezember 2024
Wichtige aktuelle Gerichtsurteile und Verwaltungsanweisungen für GmbH und Gesellschafter
Hier sind wichtige in 2024 veröffentlichte Gerichtsurteile und Verwaltungsanweisungen, die für GmbHs und ihre Gesellschafter Anlass sein können, bestehende Gestaltungen und Vereinbarungen zu überprüfen:
Organschaft
– Finanzielle Eingliederung bei qualifizierten Mehrheitserfordernissen auf der Ebene der Organgesellschaft:
Mit seinem Urteil vom 9.8.2023 (Az. I R 50/20) hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu den Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft entschieden, dass dann, wenn die Satzung der Organgesellschaft für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung generell eine qualifizierte Mehrheit vorsieht, der Organträger auch über eine entsprechend qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte verfügen muss, um die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG zu erfüllen (und zwar vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen). Damit das Kriterium der finanziellen Eingliederung erfüllt sei, müsse der Organträger seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft durchsetzen können.
TaxPro Empfehlung:
Aus gestalterischer Sicht sind vor dem Hintergrund dieses Urteils bei Gesellschaftsverträgen im konkreten Einzelfall die Mehrheitserfordernisse (zumindest soweit eine ertragsteuerliche Organschaft in Betracht kommen könnte) sorgfältig zu prüfen.
– Finanzielle Eingliederung in Umwandlungsfällen (Fußstapfentheorie):
Der BFH hat mit vier teilweise inhaltsgleichen Urteilen vom 11.7.2024 (z.B. unter dem Az. I R 36/20) seine Rechtsprechung zur Fußstapfentheorie in Umwandlungsfällen bestätigt und fortentwickelt. Diese vier Urteile zusammenfassend ist festzuhalten, dass der BFH die bislang umstrittene Frage der Anwendung der Fußstapfentheorie in verschiedenen Konstellationen erstmalig höchstrichterlich entschieden hat – und zwar gegen die Auffassung der Finanzverwaltung. Nach diesen vier höchstrichterlichen Entscheidungen tritt die übernehmende Körperschaft „umfassend und vorbehaltlos in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft“ ein.
TaxPro Hinweis:
Damit kann in Umwandlungsfällen vielfach eine bestehende Organschaft nahtlos fortgeführt werden, da der übernehmende Rechtsträger (Organträger) hinsichtlich des Merkmals der finanziellen Eingliederung in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers tritt.
– Tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags (Verrechnungskonto):
Mit seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 21.6.2022 hatte das Finanzgericht Köln (Az. 10 K 1406/18) entschieden, dass ein Gewinnabführungsvertrag nur dann auch tatsächlich durchgeführt ist, wenn die durch ihn begründeten Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit beglichen werden. Daher führe die bloße Verbuchung auf einem Verrechnungskonto ohne zeitnahen Ausgleich auch nicht zur Begleichung der durch den Gewinnabführungsvertrag begründeten Verpflichtung in angemessener Zeit. Im konkreten Streitfall war der von der Organ-GmbH an den Organträger abzuführende Gewinn (ebenso wie Zinszahlungen) lediglich gegen das Konto „Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter“ gebucht worden.
TaxPro Hinweis:
Auch zu diesem Jahreswechsel ist die Revision noch beim BFH unter dem Az. I R 37/22 anhängig, so dass weiterhin davon auszugehen ist, dass ein schlichter Ausweis unter den Verbindlichkeiten zur Anerkennung der „Durchführung“ der organschaftlichen Gewinnabführung nicht genügt.
– Tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags (Erfüllungssurrogate):
Mit seinem in 2024 rechtskräftig gewordenen Urteil vom 30.6.2022 hat das Finanzgericht Hamburg (Az. 6 K 182/20) zur Frage der tatsächlichen Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrags entschieden, dass der Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrags die Umwandlung eines Gewinnabführungs- oder eines Verlustübernahmeanspruchs in ein Darlehen grundsätzlich nicht entgegensteht und dass ein solches Darlehen auch nicht fremdüblich vereinbart sein muss (zeitnahe Erfüllung durch Erfüllungssurrogate). Allerdings müsse, so das Finanzgericht, der Darlehensanspruch werthaltig sein, damit der Vertrag als durchgeführt anzusehen (und damit die Organschaft anzuerkennen) sei.
TaxPro Hinweis:
Nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg soll es für die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags einerseits nicht genügen, schlicht Forderungen und Verbindlichkeiten einzubuchen, da der Anspruch auf Gewinnabführung als auch die Verpflichtung zum Verlustausgleich mit Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahrs der Organgesellschaft entstehen. Andererseits soll aber – als praktikabler Ausweg – die Umwandlung in ein Darlehen ausreichend sein, wobei die vorherige Erfüllung der gegenseitigen Ansprüche durch Zahlung und anschließende Neuausreichung als Darlehen ebenso wenig erforderlich sein soll wie die Vereinbarung einer marktüblichen Verzinsung. Der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, so dass davon auszugehen ist, dass der BFH keine grundsätzlichen Bedenken gegen dieses Ergebnis hat.
Diese Rechtsprechung verdeutlicht, dass die Durchführung des Gewinnabführungsvertrages notwendige Voraussetzung für die Anerkennung der steuerlichen Organschaft ist. Das heißt die Gewinnabführungsverpflichtung bzw. Verlustübernahmeverpflichtung muss zwingend im ersten Schritt beim Organträger und der Organgesellschaft bilanziell im Jahresabschluss ausgewiesen werden und sodann im zweiten Schritt in angemessener Zeit erfüllt werden, so im Regelfall durch Zahlung oder ggf. ausdrückliche Umwandlung in eine Darlehensverbindlichkeit.
– Schädliche Folgen der Teilaufhebung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen:
Mit seinem erst kürzlich bekannt gewordenen Beschluss vom 17.2.2021 (Az. 2 W 31/21) hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Jena mit den Folgen der Teilaufhebung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen befasst. Im konkreten Streitfall sollte ein zwischen zwei GmbH geschlossener Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dahingehend geändert werden, dass (lediglich) die Ziffer über die Beherrschung gestrichen wird. Der Gewinnabführungsvertrag sollte unverändert bestehen bleiben, so dass der Vorgang von den Beteiligten als schlichte Vertragsänderung interpretiert wurde.
Das OLG Jena hat dies nun aber nicht als Änderung des bestehenden Unternehmensvertrages gewertet, sondern als Aufhebung des bestehenden Unternehmensvertrages verbunden mit dem Neuabschluss eines – isolierten – Gewinnabführungsvertrages.
TaxPro Hinweis:
Der Inhalt dieses Beschlusses kann von herausragender praktischer Relevanz sein, da die steuerliche Anerkennung der körperschaftsteuerlichen bzw. gewerbesteuerlichen Organschaft ja das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags mit einer Laufzeit von mindestens fünf Jahren voraussetzt. In der Praxis ist daher sorgfältig darauf zu achten, dass vor Ablauf der fünfjährigen Mindestlaufzeit gerade keine Kündigung bzw. Aufhebung erfolgt.
Steuerfragen auf der Gesellschaftsebene:
– Dividendenfreistellung bei Streubesitzdividenden – auch bei mehraktigem unterjährigem Erwerb (sog. Blockerwerb):
Der Regelungskreis des § 8b KStG sieht (mit dem Ziel der Vermeidung einer mehrfachen Körperschaftsteuerbelastung/Vermeidung des sog. Kaskadeneffekts) vor, dass Dividendenerträge und Veräußerungsergebnisse auf der Ebene der Mutter-GmbH bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, also bei dieser – verkürzt dargestellt – steuerfrei sind. Dies gilt aber nur dann, wenn die Beteiligung am Grund- oder Stammkapital der Tochter-Kapitalgesellschaft zu Beginn des Kalenderjahres unmittelbar mindestens 10 % betragen hat. Der unterjährige Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % wirkt nach der gesetzlichen Fiktion des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG auf den Beginn des Kalenderjahres zurück.
Zum sog. Blockerwerb hat der BFH mit Urteil vom 6.9.2023 (Az. I R 16/21) zu Gunsten der Steuerpflichtigen erstmalig entschieden, dass diese Beteiligungsschwelle durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang auch dann erreicht werden kann, wenn an dem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind. Für die Auslegung des in § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG verwendeten Tatbestandsmerkmals des unterjährigen „Erwerb(s) einer Beteiligung von mindestens 10 %“ sei also lediglich darauf abzustellen, ob ein wirtschaftlich einheitlicher Erwerbsvorgang vorliegt. Diese Rechtsprechung hat der BFH dann mit Urteil vom 13.3.2024 (Az. I R 30/21) bestätigt.
TaxPro Hinweis:
Für die Praxis macht es also keinen Unterschied, ob der Erwerb von einem Veräußerer oder in einem Vorgang von mehreren Veräußerern erfolgt, weil lediglich entscheidend ist, dass durch den Erwerb der Beteiligung von mindestens 10 % ein unternehmerischer Einfluss auf die Entscheidungen bei der Kapitalgesellschaft ausgeübt werden kann. In einschlägigen Praxisfällen sollte mit dem Ziel der Nutzung der Steuerbefreiung des § 8b KStG möglichst nachgewiesen (bzw. glaubhaft gemacht) werden können, dass die maßgebliche Beteiligung auf Grund eines einheitlichen Erwerbsentschlusses in kausalem und zeitlichem Zusammenhang erworben worden ist (im Streitfall Erwerb von mehreren Veräußerern mittels einer einheitlichen notariellen Urkunde).
Steuerfragen auf der Gesellschafterebene:
– Veranlagungszeitraumbezogene Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG:
Mit seinem Urteil vom 12.3.2024 (Az. IX R 9/21) hat der BFH entschieden, dass diese Norm veranlagungszeitraumbezogen auszulegen und es daher erforderlich ist, dass der Übertragende (Veräußerer) innerhalb des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums nach der für diesen Zeitraum jeweils gültigen Rechtslage wesentlich/maßgeblich beteiligt war. Bei unentgeltlich übertragenen Anteilen komme eine Rechtsnachfolge in einen bereits steuerverhafteten Anteil nur in Betracht, wenn die Beteiligung im Zeitpunkt der unentgeltlichen Übertragung bereits die Wesentlichkeitsgrenze erreicht habe. Der konkrete Streitfall betraf die Sondersituation des Jahres 2000, in dem die Mutter der Stpfl. bis Dezember 2000 Eigentümerin eines Aktienpakets mit einer Höhe von 1,04 % war, welches sie zur Hälfte an die Stpfl. übertrug, welche die Aktien in 2002 veräußerte. Nach der Rechtslage des Jahres 2000 war die Rechtsvorgängerin (Mutter) nicht maßgeblich beteiligt, da die relevante Beteiligungshöhe erst mit Wirkung ab 2001 auf 1 % abgesenkt wurde, was nach Feststellung des BFH nicht zurückwirkt.
TaxPro Hinweis:
Der BFH hat seine Entscheidung explizit gegen die Auffassung der Finanzverwaltung getroffen und dabei – mit entscheidungserheblicher Auswirkung – die Bedeutung der verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes hervorgehoben.
– Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung nach § 17 Abs. 4 EStG:
Mit seinem Beschluss vom 7.12.2023 (Az. IX B 12/23) hat der BFH in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung u.a. festgestellt, dass die Frage der zeitlichen Berücksichtigung eines Auflösungsgewinns oder Auflösungsverlusts im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt ist. Für die Bestimmung des Realisationszeitpunkts eines Auflösungsgewinns oder Auflösungsverlusts sei der Zeitpunkt maßgebend, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1, § 5 EStG nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert wäre.
TaxPro Hinweis:
Für den Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts i.S.d. § 17 EStG bleibt es also bei den Grundsätzen der gefestigten BFH-Rechtsprechung, nach denen es nicht etwa auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ankommt, sondern darauf, wann mit einer wesentlichen Änderung der Höhe des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist.
Für die Praxis ist insoweit zu empfehlen, etwaige Auflösungsverluste weiterhin möglichst frühzeitig geltend zu machen. Wird der Auflösungsverlust tatsächlich „zu früh“ geltend gemacht (weil dessen Höhe noch nicht feststeht), verliert der Stpfl. das Einspruchs- und ggf. das anschließende Klageverfahren, kann aber i.d.R. den Verlust in einem späteren Veranlagungszeitraum noch geltend machen. Wird der Verlust hingegen „zu spät“ geltend gemacht, so scheidet die Verlustberücksichtigung zumindest dann aus, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig sind.
– Höhe des Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlicher Übertragung von GmbH-Anteilen:
Mit seinem Urteil vom 12.12.2023 (Az. IX R 15/23) hat der BFH zur teilentgeltlichen Übertragung von GmbH-Anteilen die sog. „strenge Trennungstheorie“ fortgeführt und entschieden, dass dann, wenn im Privatvermögen gehaltene GmbH-Anteile im Wege einer gemischten Schenkung teilentgeltlich auf den Erwerber übertragen werden, diese Übertragung nach dem Verhältnis der tatsächlichen Gegenleistung zum Verkehrswert der übertragenen Anteile in eine entgeltliche Anteilsübertragung (Veräußerung i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG) und eine unentgeltliche Anteilsübertragung (i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 5 EStG) aufzuteilen ist. Der Veräußerungsgewinn werde dann aus der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und den auf den entgeltlichen Teil entfallenden Anschaffungskosten der Anteile ermittelt.
TaxPro Hinweis:
Damit ist nun höchstrichterlich geklärt, dass bei teilentgeltlicher Übertragung von Wirtschaftsgütern i.S.d. § 17 EStG bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns die strenge Trennungstheorie (und nicht etwa die modifizierte Trennungstheorie) zum Zuge kommt.
– Steuerberatungskosten zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind als Veräußerungskosten i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zu berücksichtigen:
Das Hessische Finanzgericht hat mit seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 22.2.2024 (Az. 10 K 1208/23) entschieden, dass Veräußerungskosten nicht nur solche Aufwendungen sind, die mit der Veräußerung in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen, sondern alle Aufwendungen, die durch den Veräußerungsvorgang veranlasst sind. Nach dieser Definition würden unter dem Begriff der Veräußerungskosten i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG auch solche Steuerberatungskosten erfasst, die im Zusammenhang mit der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG angefallen sind.
TaxPro Hinweis:
Die weitere Rechtsentwicklung ist angesichts des beim BFH (unter dem Az. IX R 12/24) anhängigen Revisionsverfahrens aufmerksam zu verfolgen. Bis zu dessen Entscheidung sollte auf den Abzug entsprechender Steuerberatungskosten jedenfalls nachdrücklich hingewirkt werden.
– Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bei Veräußerungstatbeständen gem. § 17 EStG:
Mit seinem Urteil vom 14.11.2023 (Az. IX R 3/23) hat der BFH zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bei Veräußerungstatbeständen gem. § 17 EStG in Fortführung seiner Rechtsprechung entschieden, dass auch der Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft gem. § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG dem Teileinkünfteverfahren und Teilabzugsverbot (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz 1, § 3c Abs. 2 Satz 1 und 7 EStG) unterliegt.
– Kein Wahlrecht des GmbH-Gesellschafters bezüglich der Berücksichtigung von Verlusten nach § 17 Abs. 4 EStG bzw. § 20 Abs. 2 EStG:
Mit seinem Urteil vom 20.2.2024 (Az. IX R 12/23) hat der BFH zum Ausfall von Darlehen im Zusammenhang mit der Auflösung einer Kapitalgesellschaft u.a. entschieden, dass die Existenz des Wahlrechts des Steuerpflichtigen, auch für Veräußerungen vor dem 31.7.2019 rückwirkend die Neuregelung des § 17 Abs. 2a EStG in Anspruch zu nehmen, die vom BFH in 2017 angeordnete befristete Fortgeltung der herkömmlichen Rechtsgrundsätze zur Behandlung von (ehemals) eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen im Rahmen des § 17 EStG nicht entfallen lässt. Stpfl. können demnach im Fall der Nichtausübung dieses Wahlrechts nicht auf die Anwendung der vom BFH formulierten Fortgeltungsanordnung verzichten.
TaxPro Hinweis:
In einschlägigen Praxissachverhalten sollte die Ausübung des gesetzlichen Wahlrechts geprüft werden: Entweder rückwirkende Anwendung der Neuregelung des § 17 Abs. 2a EStG oder Anwendung der – nach der Rechtsprechung des BFH fortgeltenden – herkömmlichen Rechtsgrundsätze zur Behandlung von (ehemals) eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen.
– Abgeltungsteuer und Antragsvoraussetzungen bei der Option zum Teileinkünfteverfahren:
Mit Urteil vom 12.12.2023 (Az. VIII R 2/21) hat der BFH zu den entsprechenden Antragsvoraussetzungen der Option zum Teileinkünfteverfahren für „unternehmerisch beteiligte Gesellschafter“ gegen die Auffassung der FinVerw entschieden, dass nach einer wirksamen erstmaligen Antragstellung das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a und b EStG in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen zu unterstellen ist. Diese müssten lediglich für das erste Antragsjahr vorliegen; ihr Wegfall in den nachfolgenden vier Veranlagungszeiträumen sei unerheblich.
TaxPro Hinweis:
Das Ergebnis dieser höchstrichterlichen Entscheidung sollte in allen noch offenen einschlägigen Verfahren vorgetragen und die Gewährung der Option unabhängig von einem späteren Wegfall der Voraussetzungen begehrt werden. Vorteilhaft kann dies insbesondere sein, um den (anteiligen) Werbungskostenabzug zu eröffnen, so z.B. bei Fremdfinanzierungsaufwendungen in Bezug auf den Erwerb der Beteiligung. In der Steuererklärung für 2024 ist mithin zu prüfen, ob ein Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens möglich und sinnvoll ist. Der Antrag gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen nachfolgend jeweils erfüllt sein müssen.
– Abgeltungsteuer und Antragsvoraussetzungen bei der Option zum Teileinkünfteverfahren:
Mit seinem Urteil vom 17.7.2024 (Az. VIII R 37/23) hat der BFH seine Rechtsprechung zur Option zum Teileinkünfteverfahren (gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG) bei Wegfall der Antragsvoraussetzungen in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen bestätigt. Danach genügt es für eine wirksame Optionsausübung, dass die Voraussetzungen auch nur für das erste Antragsjahr zu irgendeinem Zeitpunkt in ausreichendem Umfang vorliegen; ihr Wegfall in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen sei unerheblich. Für die Antragstellung sei zudem das Erzielen von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG im Antragsjahr nicht erforderlich; es genüge die abstrakte Möglichkeit, aus der Beteiligung Kapitalerträge erzielen zu können.
Im Übrigen seien sog. nachlaufende Beteiligungsaufwendungen unter Beachtung des Teilabzugsverbots als Werbungskosten auch dann abziehbar, wenn der Anteilseigner die Beteiligung im ersten Antragsjahr veräußere und in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen ausschließlich Aufwendungen anfallen würden.
TaxPro Hinweis:
Mit diesem Urteil hat der VIII. Senat des BFH seine bisherige Rechtsprechung aus 2023 fortgeführt und bestätigt, dass § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG („ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind“) nicht nur eine Nachweiserleichterung, sondern eine gesetzliche Fiktion normiert.