Darf das Finanzamt die Mietverträge einsehen? Dazu hat das Finanzgericht Nürnberg jetzt sein Urteil gesprochen.
Frankfurt am Main
18. November 2023
Ein aktueller Rechtsstreit wirft die Frage auf, ob das Finanzamt das Recht hat, Mietverträge von Vermietern einzusehen. In diesem Prozess steht eine Vermieterin im Mittelpunkt, die sich vehement geweigert hat, ihre Mietverträge dem Finanzamt zur Verfügung zu stellen.
Ihre Argumentation basiert auf Datenschutzbedenken und dem Schutz der Privatsphäre ihrer Mieter.
Die Vermieterin hatte bereits sämtliche Einnahmen, Ausgaben und Kontoauszüge in ihrer Steuererklärung detailliert offengelegt. Dennoch verlangte das Finanzamt Einsicht in die Mietverträge, um zu überprüfen, ob die Vermietung zu "zu günstigen" Konditionen erfolgt, und ob Familienangehörige unter den Mietern sind.
Das Finanzgericht Nürnberg entschied in erster Instanz zugunsten des Finanzamtes (Aktenzeichen 3 K 596/22).
Die Richter argumentierten, dass das Finanzamt prüfen müsse, ob alle Einkünfte ordnungsgemäß deklariert werden. Insbesondere sollten Immobilien nicht zu niedrigen Preisen vermietet werden. Das Steuerrecht schreibt hier vor, dass die Miete mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete betragen muss. Steuerberater raten bisweilen sogar zu 70 Prozent, um auf der sicheren Seite zu sein. Weiterhin müssen Mietverträge mit Familienangehörigen dem Fremdvergleichsgrundsatz Genüge tun. Dahingehend müsse das Finanzamt ermitteln und dürfe deshalb auch die Mietverträge einsehen.
Dennoch war der Datenschutz ein wichtiger Aspekt im Gerichtsprozess. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schützt die personenbezogenen Daten der Mieter, die in den Mietverträgen enthalten sind. Die Vermieterin betonte, dass sie diese sensiblen Daten nicht ohne die Zustimmung ihrer Mieter weitergeben könne.
Die Frage, die sich nun stellt, betrifft nicht nur diesen speziellen Gerichtsprozess, sondern auch generell das Verhältnis zwischen Datenschutz und Steuerkontrolle:
Sollte das Finanzamt das Recht haben, Mietverträge einzusehen, insbesondere in Zeiten, in denen die Mieten in vielen Städten rasant steigen und die Wohnungsnot zunimmt?
Oder sollten der Datenschutz und die Privatsphäre der Mieter Vorrang haben?
Mit diesen Fragen wird sich nunmehr der Bundesfinanzhof in München in höchster Instanz befassen. Denn das Finanzgericht Nürnberg hat die Revision gegen sein Urteil vom 01. Februar 2023 zugelassen. Die klagende Vermieterin setzt den Prozess in der Revisionsinstanz fort.